Günter Pichler

Geiger, Lehrer, Dirigent

Biografie
Das Quartett
Der Lehrer
Der Dirigent

Über mich

Als ich mit 15 Jahren aus der kleinen Stadt Kufstein in den Tiroler Bergen nach Wien ging um Musik zu studieren, hatte ich einiges nachzuholen. Ich ging jeden Abend ins Konzert oder in die Oper und abonnierte auch Quartett- Zyklen. Und zwar sowohl die Zyklen der beiden Wiener Quartette (Konzerthaus Quartett und Musikvereins Quartett) als auch den Zyklus der internationalen Quartette. So gut mir die Wiener Quartette auch gefielen, nach einiger Zeit bemerkte ich doch, dass Quartette wie das Amadeus, Julliard, Quarttetto Italiano, LaSalle, Ungarisches Streichquartett, Smetana und Janacek Quartett usw. auf einem höheren Niveau spielten als die Wiener. Das war auch verständlich, wenn man in Betracht zog, dass es in Wien zu keiner Zeit - mit einer einzigen Ausnahme - ein Quartett gab, das sich ausschließlich dem Quartettspiel widmete. Die Streichquartett-Literatur faszinierte mich und ich beschloss später ein Quartett zu gründen, das sich nur dem Quartettspiel widmete. Aus der Stadt Wien, die man als die Wiege des Streichquartetts bezeichnen kann, sollte endlich ein Quartett höchster Qualität kommen, das internationalen Rang beanspruchen konnte.
Nach meiner Konzertmeistertätigkeit in den beiden großen Wiener Orchestern (Wiener Symphoniker, Wiener Philharmoniker) widmete ich mich hauptsächlich der Solo- und Kammermusik-Literatur. Ich hatte über 10 Jahre lang ein Duo mit dem Pianisten Heinz Medjimorec, (der später Pianist des Haydn Trios wurde und einer der angesehensten Klavierleher an der Wiener Musikuniversität) spielte eine breite Palette von Solokonzerten (unter anderem unter Michael Gielen mit den Wiener Symphonikern) und war auch Konzertmeister eines Kammerorchesters, das sich „Die Wiener Solisten“ nannte. Mit diesem Orchester bereisten wir die Welt und machten Dutzende von Schallplattenaufnahmen. Ich habe dabei nicht nur Erfahrungen als Musiker gesammelt sondern lernte auch führende Persönlichkeiten aus dem Management- und Schallplattenbereich (Deutsche Grammophon) kennen. Das hat mir dann später beim Aufbau der Karriere des Alban Berg Quartetts sehr geholfen.
Als ich 30 war, ging der große Traum in Erfüllung und ich konnte endlich ein Quartett gründen. Nach einjähriger intensiver Vorbereitungszeit, in der wir durch die Begegnung mit Walter Levin vom Lasalle Quartett wertvollste Anregungen bekamen, debütierten wir im Wiener Konzerthaus. Die Überschrift unserer ersten Kritik in der Wiener Presse lautete : “Wunder namens Alban Berg Quartett“. Damit begann eine märchenhafte Karriere. In den nahezu 40 Jahren von 1970-2008 war das ABQ das berufliche Zentrum und zusammen mit dem Unterrichten die künstlerische Erfüllung meines Lebens.
Bei allem Erfolg aber war uns immer das Wichtigste, den Komponisten zu verstehen und dessen Werk dementsprechend zu interpretieren. Wir waren sehr glücklich darüber, dass zeitgenössische Komponisten für uns Werke schrieben, mit unseren Interpretationen zufrieden waren und uns unterstützten. Pierre Boulez lud uns in den achtziger Jahren ein, in seinem Pariser Zyklus „Passage du 20ième siècle“ Quartette der Wiener Schule aufzuführen und verhalf uns später zu einem eigenen Zyklus in der Royal Festival Hall (Queen Elizabeth Hall) in London. Alfred Schnittke widmete uns nach der Uraufführung seines vierten Quartettes dieses Werk, Luciano Berio schrieb uns nach der Uraufführung seines „Notturno“ : Ich bin für immer dankbar für Eure Aufführung meines Notturno, Roman Haubenstock-Ramati schenkte uns nach der Uraufführung seines 1. Streichqaurettes ein weiteres, Wolfgang Rihm schrieb anlässlich des Todes unseres Bratschisten ein „Requiem für Thomas“ und Witold Lutoslawski dankte uns nach einer Aufführung seines Quartetts mit folgenden Worten:
„Es ist mir ein besonderes persönliches Bedürfnis dem ABQ für ein unvergessliches Ereignis meine Anerkennung auszusprechen. Es hat in Wien mein Quartett auf eine Art und Weise gespielt, die wahrscheinlich niemals übertroffen werden kann.“ Und er gab auch ein Statement ab, das uns sehr zu Herzen ging: „Das ABQ ist ohne Zweifel eines der grossen Quartette unserer Epoche. Seine Gesamt-Einspielung der Quartette Beethovens ist ein Monument, das für lange Zeit ein Modell für Generationen von Quartetten sein wird. Die Interpretationskunst des ABQ ist universell. Inspiration und Perfektion, Imagination und Text-Treue, großer Stil und guter Geschmack, alles ist da.“
Eines der wichtigsten Ereignisse für das ABQ war das Gedenkkonzert im Oktober 2006 für Thomas Kakuska im Grossen Saal des Wiener Konzerthauses mit Sänger- und Musikerkollegen wie Angelika Kirchschlager, Elisabeth Leonskaja, Erwin Arditti, Magdalena Kožena, Thomas Quasthoff, Helmut Deutsch, Alois Posch, Heinrich Schiff, Sir Simon Rattle und vielen anderen. Ein Orchester, bestehend aus Quartett-Freunden, ehemaligen Studenten und Freunden bei den Wiener Philharmonikern musizierte unter der Leitung von Claudio Abbado. Nach einer weltweiten Konzertreise löste sich das ABQ im Juli 2008 auf.